Erzgebirgische Volkskunst: eine Jahrhunderte lange Tradition

Die Karriere des Nussknackers

Der Nussknacker in seinem typischen und berühmten Design ist weltbekannt und wurde im 19. Jahrhundert im Erzgebirge erstmals gefertigt. Die Erfindung eines Nussknackers wird allerdings Aristóteles zugeschrieben. Auch Leonardo da Vinci, der im 15. Jahrhundert eine Maschine zum Drechseln hölzerner Figuren entwickelte, soll an einem Gerät zum Nüsseknacken gearbeitet haben.
Aber unverwechselbar sind eben nur die Nussknacker aus dem Erzgebirge. Dabei gibt es ganz verschiedene „Persönlichkeiten“. So wurde beispielsweise Napoleon nach der Völkerschlacht bei Leipzig als Nussknacker dargestellt. Später Bismarck. Und auch heute gibt es Nussknacker immer mal wieder in Promi-Form, wie zum Beispiel Politiker, Queen Elisabeth II oder die Film-Kultfigur Darth Vader.

Aber der klassische Nussknacker ist eher der König, Husar, General oder für uns Bayern auch der Festbayer. Seit 1861 werden Nussknacker im berühmten erzgebirgischen Design gefertigt. Noch heute werden die majestätischen Nussknacker in etwa 150 Arbeitsschritten und aus ca. 35 Einzelteilen in einem ganz speziellen Design und mit geheimnisvollen Details im Erzgebirge hergestellt.
Kennen Sie die „Nussknackersuite“ von Peter Tschaikowski? Bei vielen Darbietungen wird noch immer auf das traditionelle Design des Erzgebirge Nusskackers zurückgegriffen. Gleiches gilt für den Walt Disney Trickfilm „Barbie and the Nutcracker“, der auf der Erzählung „Nussknacker und Mausekönig“ von E.T.A. Hoffmann beruht.

Lichterbögen, Pyramiden und lustige Figuren sind ebenfalls sehr erfolgsorientiert

Die Karriere des Nussknackers ist also schon sehr bemerkenswert. Diesem Erfolg stehen die Lichterbögen und Schwibbögen, Pyramiden, traumhaft leuchtende Fensterbilder und lustige Kugelfiguren und Wackelwichtel in nichts nach. Viele dekorative Lifestyleartikel aus Holz werden mit viel Liebe zum Detail noch heute in Handarbeit hergestellt.
Es lohnt sich auch, das Video anzuschauen, dass die Produktion eines Spanbaums zeigt. Das Spanbaumstechen ist eine weitere, sehr regionale Handwerkskunst aus dem Erzgebirge, die viel Geduld und Ausdauer erfordert neben fachlichen Fertigkeiten.

Hier gehts zur Seite mit dem Video vom Spanbaumstechen

Handwerkskunst als Nebenbeschäftigung zum Erzabbau

Dass heute aus dem Erzgebirge so viele schöne handwerkliche Dekorationsartikel kommen, hat eine lange Geschichte. Denn im Erzgebirge war bis vor rund 160 Jahren der Bergbau im Gange. Nach den vielen Jahrhunderten des Bergbaus und äußeren Einflüssen wie Kriegen nahm die Wirtschaftlichkeit des Erzabbaus immer wieder ab. Die Bergleute mussten sich ein neues Nebengeschäft suchen wegen der immer weiter sinkenden Einkommen aus dem Bergbau. Neben Landwirtschaft war das das Holzdrechseln. Die erste schriftliche Erwähnung über die Existenz von Drechslern gab es im 17. Jahrhundert, denn auch damals trugen schon diverse politische und wirtschaftliche Krisen zu einem Tiefpunkt im Bergbau bei. Zu Beginn der damaligen Holzdrechslerei wurden in erster Linie Gebrauchsgegenstände wie Teller und Schüsseln hergestellt.

Seiffen wird zum „Spielzeugdorf“ mit internationalem Ruhm

blank
Spielzeugproduktion mit dem Verfahren des Reifendrehens
blank

Um 1760 brachte ein Heidelberger Kaufmann einen Großauftrag nach Seiffen, der heutigen „Hauptstadt“ für die Erzgebirgische Volkskunst. Dieser umfasste die Herstellung von Spielzeug. Die für den Bergbau notwendigen Pochwerke wurden zu Drehwerken umgerüstet. Als die Bergwerke nach einem neuerlichen Tief wieder hochfahren wollten, kehrte niemand mehr zu seinem Beruf zurück: die „umgeschulten“ Drechsler, der vorhandene Waldreichtum, die Umrüstung der Pochwerke und der Mut des Heidelberger Kaufmanns waren wesentliche Faktoren, die das Holzdrechseln zum Spielzeugmachen erfolgreich wandelten.

Ab Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich die Spielwarenproduktion dann mehr und mehr durch. Zu dieser Zeit war die Handelsstadt Nürnberg bereits zum Umschlagplatz für Holzspielwaren aus ganz Europa geworden. Auf Seiffen waren die Kaufleute wegen der qualitativen Waren aufmerksam geworden. Es entwickelten sich rege Handelsbeziehungen. Bereits im Jahr 1784 setzte der Überseehandel ein.

1904 kam es zu einem großen Streit. Die Kunst des Reifendrehens sollte an der Fachhochschule gelehrt werden. Die Reifendreher befürchteten eine zu große Verbreitung des Berufs und wollten dies verhindern. In diesem Zuge wurde eine generelle Diskussion über die ökonomische Sinnhaftigkeit des Reifendrehens vom Zaun gebrochen, die wirtschaftspolitisch angetrieben wurde. Von der Amtshauptmannschaft Freiberg kam daraufhin der Vorschlag, eine „maßvolle Verbesserung der künstlerischen Formen“ zu erzielen, um damit eine echte Volkskunst zu erschaffen. Damit war die Kategorie „Volkskunst“ für das erzgebirgische Spielzeug geboren. Besonders erfolgreich war das sogenannte Miniaturspielzeug. In den 80er Jahren erhöhte sich die Nachfrage nach Weihnachts- und Dekorationsartikeln. Und so nahm alsbald diese Produktion Fahrt auf und wir können uns heute an Nussknackern, Lichterbögen, Pyramiden, Räuchermännchen, Figuren und Fenster- und Christbaumschmuck aus Holz erfreuen.

Ein Blick in die Produktion: echte Handarbeit

Erzgebirgische Volkskunst: sehr beliebt und viel kopiert

„Erzgebirgische Volkskunst“ ist eine eingetragene Wortmarke. Dies schützt jedoch nicht davor, Waren im „Erzgebirgsstil“ zu fertigen. Deswegen wird die Erzgebirgische Volkskunst auch durch das Designgesetz geschützt. Dieses verbietet das Nachmachen von Vorlagen. Wie in vielen Bereichen ist es aber auch sehr schwierig, in dieser Handwerkskunst dem „Nachmachen“ nachzugehen. Zu oft begegnet man sehr preiswerten Pyramiden, Sternen, Lichterbögen und typischen Figuren, die aber nicht aus dem Erzgebirge stammen, sondern aus Fernost. Ein aufmerksames Auge in Geschäften und auf Christkindlmärkten ist gefragt. Bei Iris und Klaus gibt es – selbstredend – nur echte handwerklich hergestellte Erzgebirgische Volkskunst.

blank

Quellen zu den historischen Fakten: Spielzeugdorf Seiffen & Seiffener Volkskunst e.G.
Fotos: Spanbaumstechen und Reifendrehen © Dregeno
Produktion Nussknacker und Pyramide © Seiffener Volkskunst eG

Hier gibt es weitere Beispiele für deutsche Hersteller von Dekoration

Glaskunst aus Lauscha im Thüringer Wald

blank

In Lauscha werden traditionell Weihnachtskugeln hergestellt. Diese Lauschaer Kunst gehört zum UNESCO Immateriellen Kulturerbe Deutschlands.

Herrnhuter Sterne aus der Oberlausitz

blank

Ein Stern mit bedeutender Geschichte. In Herrnhut in Sachsen werden diese leuchtenden, originellen Sterne noch heute von Hand gefertigt.

BlumenWunder-Kränze aus Rheinland-Pfalz

blank

Selbst angebaute Blumen und Gräser werden getrocknet, eigenhändig eingefärbt und professionell zu Dekokränzen verarbeitet.

Traumlicht aus Bad Köstritz in Thüringen

blank

In Bad Köstritz wird jedes mundgeblasene Glas von Hand dekoriert, mit Gel aufgefüllt und fertiggestellt. So wird jedes Produkt ein Unikat.